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Wer war Pfarrer Lahner?

In Schloßau gibt es eine Pfarrer-Lahner-Straße. Wer war eigentlich dieser Pfarrer Lahner? Welche Ereignisse sind mit seiner Amtszeit verbunden?

Johann Lahner war von 1916 bis zu seinem Tod 1934, also 18 Jahre lang, der 4. Pfarrer von Schloßau.
Geboren wurde er am 7.1.1877 in Oberwittighausen (heute Main-Tauber-Kreis), am 2.7.1903 wurde er zum Priester geweiht.
Nach verschiedenen Stationen im Schwarzwald (1903 – 1905 Kaplan in Oberwinden, 1905 – 1910 Pfarrvikar in Forchheim, März – September 2010 Pfarrverweser in Waldkirch, September 1910 – September 2014 Pfarrverweser in Unteribach) kam er 1914 als Pfarrkurat von Wagenschwend erstmals in unsere Gegend, bevor er am 26.7.1916 – also mitten im 1. Weltkrieg - durch Dekan Weiland aus Hainstadt als Pfarrer von Schloßau investiert wurde.

Er löste Josef Schmitt ab, der als Nachfolger von Pfarrer Emil Väth (1899 – 1914) hier zwei Jahre als Pfarrverweser tätig war.

In Forchheim soll Lahner sich um die innere Ausschmückung der neu erbauten Kirche besondere Verdienste erworben haben. In Schloßau hatte er erst einmal damit zu kämpfen, dass ab März 1917 überall Bronzeglocken vom Armeekorps beschlagnahmt wurden. Nach Eingabe der Gemeinde beim Bezirksamt wurde die größte und nicht - wie üblich - die kleinste der Glocken als Läuteglocke von der Ablieferung zurückgestellt, die anderen drei Glocken mussten aber am Bahnhof Buchen abgeliefert werden. Dem Wunsch, auch die zweitgrößte zurückzubehalten, wurde nicht stattgegeben. Zumal mussten die Prospektpfeifen der Orgel, welche erst kurz vorher gereinigt und repariert worden war, abgegeben werden.

Schon im ersten Amtsjahr bot Pfarrer Lahner den Gläubigen geistige Übungen, Exerzitien und Glaubenstage an. Solche Exerzitien hatten zur Folge, dass sich 120 Frauen beim im Jahr 1916 gegründeten christlichen Mütterverein anmeldeten. Im Juli 1919 wurden durch einen Franziskanerpater Exerzitien für Frauen abgehalten, weil viele im Zuge der Revolution im November 1918 „jeglichen sittlichen Halt und Charakter“ verloren hatten.
Auch in Schloßau entstand der „dritte Orden“, eine Gemeinschaft für Menschen, die nicht das Ordensgelübde ablegen, sondern ihr normales Familien- und Berufsleben beibehalten, dabei jedoch ein besonders christliches Leben führen wollen. Im Jahre 1920 fand wieder eine Mission durch zwei Franziskaner-Pater statt – mit reger Beteiligung der Männer und jungen Frauen von Schloßau. 1921 wurde das Jubiläum des dritten Ordens (gegründet 1221) feierlich durch einen Franziskaner gehalten, ein Jahr später fand in der Pfarrei Schloßau ein Katholikentag statt und 1923 führten zwei Franziskaner die Missions-Erneuerung in Form von Exerzitien durch.

Die revolutionären Ideen nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, denen sich Pfarrer Lahner nicht anschloss, wurden wohl auch von einigen Schloßauern getragen. Als der Pfarrer an Weihnachten 1919 vom Theaterspiel nach Hause ging, wurde er von einigen Burschen mit Steinen beworfen und in der Neujahrsnacht 1920 wurde gar ein Fenster im Pfarrhaus eingeworfen.

1920 wurde in Schloßau nicht nur für die hungernde Bevölkerung von Mannheim gesammelt – wie in vielen anderen Gemeinden auch –, sondern hier auch für zwei neue Glocken. So kamen bei einer Haus-Sammlung für die Glocken 15.000 Mark zusammen, 3.025 Mark wurden für die abgegebenen Glocken bezahlt, 3.000 Mark hat die Gemeinde dazugegeben, die restlichen gut 9.000 Mark konnte Pfarrer Lahner durch Betteln bei den Amerikanern auftreiben.


Das Jahr 1921 wurde für Pfarrer Lahner zu einem ereignisreichen. Am Fronleichnamstag marschierte der kurz zuvor wieder ins Leben gerufene Militärverein mit Fahne und Musik in militärischer Ordnung bei der Prozession mit. Auch als am 6. November im Rahmen des Patroziniumsfestes das vom Bildhauer Bernhard in Buchen gestaltete Kriegerdenkmal eingeweiht werden konnte, war der Verein stark vertreten. Und bereits eine Woche später fand unter großer Beteiligung der Bevölkerung in einer feierlichen Zeremonie, zu der auch der erst zu Anfang des Jahres gegründete Männergesangverein beitrug, die Weihe von zwei neuen Glocken statt. Die beiden Glocken von der Firma Grüninger in Villingen waren für insgesamt 30.065 Mark erst wenige Tage vorher zum Bahnhof Kailbach geliefert und dort abgeholt worden.
Außerdem entstand 1921 eine neue Sakristei und – wie schon erwähnt – das dritte-Orden-Jubiläum wurde durch einen Franziskaner feierlich gehalten.

Im Jahr 1922 zog endlich die Elektrizität in Schloßau ein, auch im Pfarrhaus und in der Kirche wurden die elektrischen Anlagen erstellt, deren Finanzierung Pfarrer Lahner wieder durch bei den Amerikanern erbetteltes Geld sicherstellte. Und – eher ohne kirchliche Beteiligung – wurde die DJK (Deutsche Jugendkraft) Schloßau gegründet, der Vorgänger des heutigen FC Schloßau.

Überliefert für das Jahr 1923 ist eine – seit vielen Jahren am Sonntag nach „Mariä Heimsuchung“ (2. Juli) stattfindende - Wallfahrt von zahlreichen Gläubigen aus Mudau, Donebach, Mörschenhardt, Langenelz und Ernsttal zur Kirche in Schloßau.

Im Jahr 1924 ließ Pfarrer Lahner den 1899 vollendeten Kirchturm renovieren und ausbessern. Dabei wurden auch die Zifferblätter der Uhr neu hergerichtet. Im gleichen Jahr wurde der Schützenverein gegründet.

1925 lebten in Schloßau 664 Einwohner. Pfarrer Lahner gründete den Kirchenchor und ließ die Orgel renovieren, für die er zudem einen elektrischen Winderzeuger beschaffte.

Am 7. Oktober 1926 fand eine Visitation der Pfarrei durch Dekan Weiland aus Hainstadt statt, in dessen Bericht es u.a. heißt: „Schloßau hat 676 Katholiken und 7 Protestanten. Auerbach hat 136 Katholiken und 1 Protestanten. Die Kirche … befindet sich in gutem Zustand … ist aber feucht…. Die 2 Beichtstühle sind nicht recht bequem.“ Über den Zustand des Pfarrhauses heißt es z.B.: „… es ist zu klein und im unteren Stock dunkel und sehr feucht und ungesund“.

Im Juli 1928 feierte Pfarrer Lahner sein 25-jähriges Priesterjubiläum. Art und Aufwand der Feierlichkeiten - Abholung des Jubilars durch den Bürgermeister in einer Kutsche, Fackelzug zur Kirche und zum Pfarrhaus unter Beteiligung der Vereine und fast der ganzen Pfarrei, Reden, Vorträge und Musik, Überreichung eines schönen gotischen Kelches im Rahmen einer Dankandacht; am nächsten Tag die Hauptfeier durch Dekan Weiland aus Hainstadt mit Nachmittags-Gottesdienst, Theateraufführung und weiteren Ansprachen und Liedvorträgen im „Hirsch“ – zeugen sicher auch von der Beliebtheit und Wertschätzung, die der Jubilar in der ganzen Pfarrei genoss.

Nur zwei Wochen später, am 22. und 23. Juli 1928, fand ein weiteres großes Fest in Schloßau statt. Anlass war der 40. Geburtstag des Krieger- oder Militärvereins. Im Festgottesdienst, der extra auf 8 Uhr vorgezogen wurde, „sprach der hochwürdige Herr Pfarrer Lahner treffliche Worte und bat besonders die Jugend, die Festtage ehrenhaft und würdig zu verbringen“. Am 2. Tag war ein Trauergottesdienst für alle Gefallenen der Gemeinde. In der anschließenden Gedenkfeier am Kriegerdenkmal hielt „der H.H. Pfarrer im Auftrag des Vereins eine tiefempfundene und zu Herzen gehende Ansprache“. 

Im Jahr 1928 ließ Pfarrer Lahner verschiedene Instandsetzungsarbeiten am Pfarrhaus durchführen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt gab es auch Pläne zum Neubau eines Pfarrhauses.

Am 19. Mai 1931 fand eine weitere Kirchenvisitation durch Dekan Steinel aus Götzingen statt. In dem Bericht, der erst im Oktober 1933 erstellt wurde, wird bestätigt, dass die Räumlichkeiten und kirchlichen Geräte in einem guten Zustand seien und alle Bücher gut geführt würden. Unter Punkt 6 heißt es: „Pfarrer Lahner ist sehr eifrig in seiner Pfarrgemeinde tätig. Neben der regulären pflegt er in weitgehendem Maße auch die außerordentliche Seelsorge. Er genießt das Ansehen und das Vertrauen seiner Pfarrkinder“.
Beklagt wird aber eine gewisse religiöse Gleichgültigkeit, die sich auch im Kirchenbesuch niederschlage. Aber „Dem Pfarrer wird das Zeugnis ausgestellt, dass er sehr eifrig bestrebt ist, diesen Missständen in seiner Pfarrei zu begegnen“.


Zu diesem Zeitpunkt war Schloßau schon eines der bedeutendsten Odenwalddörfer, auch Sitz eines leiningenschen Forstamtes. Es war seit 1928 schuldenfrei. Seit 1934 ging eine Postbuslinie durch Schloßau, im gleichen Jahr wurde die Freiwillige Feuerwehr gegründet. 1935 wurden Waldauerbach und Mörschenhardt eingemeindet.

Dies war bereits die Zeit des aufkommenden Nationalsozialismus, dem sich Pfarrer Lahner eher kritisch gegenüberstellte, dessen Höhe- bzw. Tiefpunkt er aber nicht mehr miterleben musste. Nach 18 Jahre Seelsorgetätigkeit in Schloßau verstarb er hier am 13.8.1934. Die Gemeinde hat ihm auf dem Friedhof einen Ehrenplatz bereitgestellt. Das Friedhofskreuz wurde in unmittelbare Nähe seines Grabes versetzt, so dass er am Fuße dieses Kreuzes ruht.

Sein Nachfolger wurde Franz Balzer, der von 1934 bis 1946 in Schloßau tätig war.

 

Auf dem Sockel unter diesem Kreuz auf dem Schloßauer
Friedhof steht folgende Inschrift:

HIER RUHT IN GOTT
DER HOCHW. HERR PFARRER
U. DEFINITOR
JOHANNES LAHNER
GEB. 7. JAN. 1877
IN OBERWITTIGHAUSEN
PFARRER HIER SEIT 20. JULI 1916
GEST. 13. AUG. 1934
CHRISTUS IST MEIN LEBEN,
STERBEN MIR GEWINN
                                               PHILIPPER 1.21


 Die beiden Erstkommunion-Bilder mit Pfarrer Lahner sind (oben) von 1920 und (unten) von 1931. 

Quellen:

Bruno Trunk, Schloßau - ein Höhendorf im Odenwald
Archiv von Bruno Trunk
Hans Slama, 900 Jahre Mudauer Odenwald: Vom Fronhofsverband bis zur Gemeinde Mudau
Archiv der (heutigen) Seelsorgeeinheit Mudau
Freiburger Diözesan-Archiv

 

 Walter Herkert, Schloßau im Januar 2019