Drucken

Die Weihnachtskrippe zeigt die Geburt in Bethlehem

„Gloria in excelsis deo“ - Ehre sei Gott in der Höhe! Mit diesen Worten verkündete vor mehr als 2020 Jahren der Engel Gabriel, den Hirten vor der Stadt Bethlehem die freudige Nachricht von der Geburt des Messias, Jesus Christus. Diese Szene findet sich inzwischen alljährlich über die Weihnachtszeit in vielen Haushalten der Christen, dargestellt durch eine geschmückte Krippe, wieder. Häufig ist selbige samt Interieur und Figuren über Generationen weitervererbt worden und genießt somit vor allem einen ideellen Wert innerhalb der Familien. Die Verkörperung der Weihnachtsszene geht zurück auf den Franziskanermönch Franz von Assisi, der im Jahr 1223 zunächst das Jesuskind mit einem lebendigen Esel sowie einem Ochsen in einer Höhle zeigte. Josef und Maria wurden der Darstellung erst später zugefügt, ebenso Hirten samt deren Schafe. 

Im Zuge der Gegenreformation stellte die Ordensgemeinschaft der Jesuiten diese Geburtsszene im ausgehenden 16. Jh. vermehrt in Kirchen auf. Erst mehrere Verbote der Darstellung weihnachtlicher Krippen in öffentlichen Gebäuden und Kirchen, wie z.B. am 22.11.1784 im Fürstbistum Salzburg, ebneten allmählich den Weg für privat aufgestellte Weihnachtskrippen. Während dieser Verbote wurden die Krippen nämlich heimlich von Christen aus den Kirchen geholt und zu Hause aufgestellt. Nachdem die jeweiligen Krippenverbote wieder aufgehoben waren, stellten Christen nachgebildete Krippen weiterhin zu Hause auf. Diese Tradition setzte sich vor allem ab dem 19. Jh. immer weiter fort und leitete so den Siegeszug der Weihnachtskrippe ein. Im Alpenländischen Raum entwickelten sich schließlich regelrechte Manufakturen zur Herstellung  der vermehrt benötigten Weihnachtskrippen samt den dazugehörenden, handgeschnitzten Figuren.

Art6 Bild1

 Der Erzengel Gabriel über der Krippenanlage der Schloßauer Kirche verkündet die  Botschaft von der Geburt Jesu Christi. Bild: Thomas Müller

 

Ein echtes Einzelstück ist die Weihnachtskrippe der Schloßauer Kirche St. Wolfgang. Ihre Herstellung war vor 50 Jahren ein Wettlauf gegen die Zeit. Seinerzeit ging in Schloßau eine jahrelange Kirchenrenovierung zu Ende und der sehr rührige Pfarrer, Johann Buchdunger, hatte in der Zeit seines Wirkens durch Mithilfe der Schloßauer Bevölkerung, neben den aufgeführten Renovierungsarbeiten bereits drei Wegekapellen errichtet. Nun sollte der neu gestaltete Kircheninnenraum zur Weihnachtszeit noch mit einer neuen Weihnachtskrippe ausgeschmückt werden. Als Pfarrer Buchdunger Ende November 1970 sein Moped mit einem Plan und zwei alten Bettladen bepackte, um seine Idee bei einigen Rentnern vorzustellen, herrschte bereits eisige Kälte im Odenwald. Die Rentner machten sich gemeinsam ans Werk und hobelten zu allererst in der ehemaligen Schreinerei Baier, eine ausreichende Menge an Brettern für die Wände. Zur Verkleidung selbiger und für das Krippendach, war Baumrinde vorgesehen. Allerdings führen die Bäume im Winter nur wenig Wasser und die Rinde war durch den Frost zudem am Baumstamm festgefroren. Also organisierten die Rentner ganze Baumrollen, die kurzerhand in einem Wurstkessel gekocht wurden. Danach löste sich die Rinde von alleine!

Art6 Bild2

 

 Seit 50 Jahren wird in der Schloßauer Kirche St. Wolfgang eine große Krippenanlage aufgestellt, die damals auf Initiative des Pfarrers von den Bürgern angefertigt wurde. Bild:Thomas Müller

 Doch mit der nassen Rinde konnten die Krippenbauer noch nichts anfangen. Sehr zum Unmut der Hausfrauen, wurde diese also daheim in den Küchen getrocknet, wo natürlich auch die Weihnachtsbäckerei in vollem Gange war. Man stelle sich vor, da liegt wohl riechende Fichtenrinde gleich neben noch besser riechenden Anisplätzchen und Lebkuchen. Als die Rinde schließlich trocken war, konnte das Werk doch noch rechtzeitig zum Weihnachtsfest 1970 fertiggestellt werden. Mit Moos und Heu geschmückt, hielten schließlich die ebenfalls neu eingekleideten Krippefiguren aus alter Zeit, Einzug. Bis zu seinem Weggang im Jahr 1975, war es Pfarrer Johann Buchdunger stets ein Anliegen, an der neuen Weihnachtskrippe selbst Hand anzulegen. Als versierter Bastler integrierte er sogar einen kleinen Wasserlauf in der weihnachtlichen Anlage. Abgerundet wird die Schloßauer Krippe durch das Hintergrundbild. Dieses stammt von dem Odenwaldmaler Arthur Grimm, der es nach dem Krieg für die Vorgängerkrippe fertigte.

Ein wenig erfreuliches Ereignis erlebte die Kirchenkrippe vor einigen Jahren, als das Jesuskind mitten am Tag gestohlen wurde. Von seinem Gewissen geplagt, warf es der Dieb damals in den Schloßauer Dorfbrunnen, wo die Figur während einer Brunnenreinigung total beschädigt aufgefunden wurde. Inzwischen war von dem Schloßauer Künstler, Karl Wendel, ein „Ersatzkind“ geschnitzt worden, das seither im Stall liegt!

Wer die Schloßauer Krippe einmal erleben möchte, tut dies am besten während eines Gottesdienstes in der Weihnachtszeit, bis zum 02. Februar. Unter Hinzunahme der Weihnachtsbeleuchtung kommt die gesamte Anlage auf diese Weise erst richtig zur Geltung. Die beiden Bettladen, die Pfarrer Buchdunger einst auf seinem Moped bei den Rentnern ablieferte, wurden übrigens nicht verwendet. Sie standen vor wenigen Jahren immer noch in der Werkstatt der Nachkommen. Vielleicht kann sie ja jemand für den Bau einer Weihnachtskrippe brauchen.

Thomas Müller, Schloßau im Dezember 2020