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Die Müllerkapelle in Waldauerbach aus dem Jahr 1760

Dieser wunderschöne Kapellenbildstock steht etwa 50 Meter nach der Einmündung vom Eichfeld in die L524, an der Straße zwischen Mudau und Oberscheidental, etwas versteckt am Waldrand. Es ist bereits der dritte Standort dieser Kapelle, die auf das ehemalige „Müller-Gut“ aus Waldauerbach zurückgeht. Dies war früher ein großes, stolzes Gehöft im Osten von Waldauerbach.

Gebaut wurde sie im Jahr 1760 auf dem sog. Kapellenbuckel, am Ende des alten Kirchenweges nach Mudau, dort wo die Straße zwischen Scheidental und Mudau nach der Senke einen Buckel hinauf führt. Dieser Buckel war früher deutlich höher. An dieser Stelle endete ehemals auch der Wald des Valentin Müller, der bald nach dem Bau der Kapelle ein Stück Wald an den Rüdt v. Collenberg verkaufte. Die Kapelle wollte er aber auf seinem Besitz haben. Deshalb hat er sie an die neue Grenze, beim Beginn des Weges vom „Eichfeld“ nach Waldauerbach auf die andere Straßenseite versetzen lassen.

Als dann 1963 die neue Straße Mudau-Scheidental gebaut wurde, war die Kapelle nun dem Straßenbau im Wege und man hat sie ein drittes Mal um ca. 50 m in Richtung Mudau an den Waldrand  umgesetzt.

Heinrich Hansjakob, der Volksschriftsteller und Kulturhistoriker, erwähnt die Kapelle sogar in seinem Buch “Sommerfahrten”:

“Ich kam an ein einsames Waldkapellchen, das der Schulteis Valentin Müller von Waldauerbach und seine ehrliche Hausfrau Barbara Anno 1760 gestiftet haben. Dasselbe enthält nichts als ein altes kunstloses Steinbild, Maria mit ihrem toten Sohne darstellend. Was mir aber zu Herzen ging, das war der schöne Vers: “Kein Kind so lieb, kein Schmerz so groß, als Jesus auf der Mutter Schoß.”

Weiter heißt es dort: „Valentin Müller, Schultheis zu Waldauerbach und Barbara, seine Ehefrau, haben dieses Bild machen lassen“.

Wie die Kirchenbücher Mudaus verzeichnen, war Johann Valentin Müller der Sohn der Eheleute Adam und Anna Müller aus Langenelz. Sein Pate, Valentin Schreyer, war Bürgermeister aus Langenelz. Die Taufe war am 01.09.1699. Wann er letztendlich nach  Waldauerbach umgezogen ist und seine Ehefrau heiratete ist nicht bekannt. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor:

Taufpate der beiden Buben, war Johann Michael Schöllig aus Unterscheidental. Seine Ehefrau Anna Maria Schöllig war Patin der beiden Mädchen.

Bereits am 15. März 1753 verstarb die Mutter im Alter von nur 47 Jahren, während der Vater erst mit 83 Jahren am 28.10.1782 verstarb.

Leider ist in den Mudauer Kirchenbüchern nicht niedergeschrieben, ob die Mutter Barbara plötzlich oder erst nach längerer Krankheit gestorben ist. Aus einem Grund hatten die Eheleute aber die Kapelle gelobt. Da die Ehefrau aber bereits 1753, also sieben Jahre vor der Errichtung der Kapelle starb, könnte der Grund des Versprechens  eine längere Krankheit der Barbara gewesen sein, falls durch dieses Opfer die Frau wieder gesund wird.

Das Erbauungsjahr 1760 lässt allerdings auch den Schluss zu, das der Witwer Valentin Müller erst um 1760 finanziell in der Lage war, die Kapelle nun zu errichten.

Viele haben im Laufe der letzten 200 Jahren diesem unscheinbaren Kapellchen ihren Besuch abgestattet. Auf dem ehemaligen Holzgatter, welches das Kapelleninnere abschloss, haben zahlreiche Besucher, teils mit geübter, teils mit ungeübter Hand, ihren Namen hinterlassen. Auffallend daran ist, dass gerade in den beiden letzten Weltkriegen sehr viele Beter die Kapelle aufsuchten. Nur die Namen und die Jahreszahl wurden damals in das Holz geritzt.

Texte: 

In den Ecken der Inschrifttafel:    1  7  6  0   und dem Rundbochen     M   RIA  V   M     

 

                                           KEIN  KIND

                                          SO  LIEB  KEIN  SCHMERTZ

                                          SO  GROS  ALS  JESUS  AUF

                                          SEINER  MUTTER  SCHOSS

                                          VALENTIN  MÜLER  SCHULDHEIS

                                          ZU  WALDAUERBACH  UND

                                          BARBARA  SEINE  HAUSFRAV

                                          HABEN  DIESES BILD

                                          MACHEN  LASEN               

Auf dem Altartisch steht eine aus einem Findlingsblock von rotem Sandstein gehauene 90 cm hohe Pieta. Der Künstler wusste den toten Heiland im Schoße seiner Mutter so darzustellen, dass der Betrachter vom Leid der göttlichen Mutter Maria ergriffen wird. Technik und Arbeitsmethode, sowie der Stil lassen vermuten, dass der Bildhauer und Maler Nikolaus Hoff (1722 – 1185) aus Mudau dieses Werk im Auftrag des Schultheiß Valentin Müller erschaffen hat. Er war ein bedeutender Künstler seiner Zeit in unserer Region.

Thomas Müller, Schloßau 2016

Quelle: Archiv Bruno Trunk