Ehemalige Pfadfinder unterwegs in Ernsttal

Die Mitglieder des ehemaligen Pfadfinderstamms „Parzival“ der St. Georgs-Pfadfinder aus Amorbach und Kirchzell treffen sich alljährlich zu einem sog. Jamboree, um interessante Ziele der Umgebung zu erkunden. In diesem Jahr stand am 21.04.2018 unter anderem der kleine Weiler Ernsttal auf dem Programm.

Thomas Müller vom Verein Örtliche Geschichte Schloßau/Waldauerbach begrüßte die knapp 30 Teilnehmer bei strahlendem Sonnenschein als „Ökonomiearbeiter“ im Kern des kleinen Weilers, am Platz vor der ehemaligen Brauerei. Zunächst gab er einen Überblick über den Dorfnamen, die Dorfgeschichte und die Lage des Dorfes. Anders als andere umliegende Dörfer, die auch in den Fürstlich-Leiningenschen Wildpark integriert wurden, wurde das Dorf Ernsttal nicht aufgelöst, sondern nach den Vorstellungen des Leiningenschen Fürsten in ein landwirtschaftliches Mustergut samt einer eigenen Brauerei umgewandelt. Diese lag direkt am Weg zum Schloss Waldleiningen und bot so den Jagdgästen einen eindrucksvollen Industriebetrieb inmitten des Tierparks samt Vermarktungsmöglichkeit des erzeugten Bieres.

Zudem wurden zu Beginn der 1840er Jahre das Leiningensche Rentamt gebaut sowie ein markantes Gasthaus samt Poststation errichtet. Gegen Ende des 19. Jh. folgten noch ein eigenes Postgebäude sowie ein Turmanbau am Gasthaus „Prinz Ernst“, wo ein Teil der Forstverwaltung der riesigen Leiningenschen Ländereien untergebracht war. Weiter ging Müller auf den großen Leiningenschen Wildpark ein, der unter anderem auch ein Torhaus in Ernsttal hatte.

Beim Rundgang durch das Dorf erläuterte er die Funktion des einstigen Kellerareals, zeigte die Quelle „Neubrunn“, das Haus Hönig und den dort dargestellten Brauerei-Stern als Symbol der Brauer. Die Exkursion setzte sich fort zum mittelalterlichen Steinkreuz am Weg nach Waldleiningen, wo Thomas Müller über die Hintergründe der ehemaligen Steinkreuze Auskunft gab und den Werdegang vom Steinkreuz zum Tafelbildstock darstellte. Zurück im Dorf erläuterte er am Standort der ehemaligen Brauerei die einzelnen Gebäude samt Sudhaus, der Gambrinushalle mit der Figur des Hl. Gambrinus, der alten Küferei, dem runden Teich und der runden Halle über den Kellern. Der Historiker gab einen Einblick über die Standorte zur Eisgewinnung während der Wintermonate und die Beschwernisse, welche die Dorfbewohner aus dem kleinen Weiler auf sich nehmen mussten, wenn sie durch den Fuchsenwald oder die Teufelsklinge in Richtung Schloßau unterwegs waren.

Thomas Müller rundete seine Ausführungen immer wieder ab mit kleinen Anekdoten aus der Zeit, als Ernsttal mit der Brauerei und der Ökonomie noch als wichtiger Arbeitgeber der Region fungierte. Zudem gab er einen Einblick in die letzten Kriegstage, als am 31. März 1945 in Ernsttal 10 junge Soldaten ihr Leben ließen.

Nach dem Rundgang durch Ernsttal setzten die „St. Georgs-Pfadfinder“ ihr Programm mit einem gemeinsamen Mittagessen in Hesselbach fort, bevor sie die Schöllenbacher Quellkirche erkundeten und im Erbacher Schloss einen wertvollen Altar aus der Schöllenbacher Quellkirche aufsuchten. Der Abend klang schließlich in einer Gaststätte in Boxbrunn aus.

 

 

Bild 1: Der Pfadfinderstamm „Parzival“ vor den großen Gewölbekellern der ehemaligen Ernsttaler Brauerei

Bild 2: Originalflasche mit einem Originaletikett aus der Zeit der Brauerei